Die Digitalisierung bringt neue Geschäftsmodelle mit sich. Das ist soweit kein Geheimnis. Spannend wird es, wenn man sich die Interaktion der Nutzer mit diesen neuen Angeboten anschaut und sich fragt, was etablierte Unternehmen von innovativen Vorreitern lernen können. Zum Beispiel von einem Museum, dessen wichtigste Ausstellungsstücke die Nutzer selber sind.

11.00 Uhr an einem Samstagmorgen in Köln. Eine Besucherschlange wartet vor dem ultrapinken Gebäude im Stadtteil Ehrenfeld. Sie sind nicht nur aus der Nähe gekommen, sondern aus ganz Deutschland angereist. Das Supercandy Pop-Up Museum ist Ziel für Instagram-Fans und Tagesausflügler jeder Altersgruppe. Manch einer kommt nur als Begleitung mit. Andere haben aufwändig Fotopläne, Outfits und Frisuren vorbereitet.
„Das ist ja mega!“, staunen zwei Mädels, als sich die Tür öffnet. Die Besucher haben Tickets für einen bestimmten Einlass-Zeitraum gekauft, für 29 Euro pro Person. Jede Gruppe darf 90 bis 120 Minuten in die bunte Landschaft eintauchen. Maximal 120 Personen gleichzeitig fasst das 1.200qm große Gebäude. Zeitweise ist die Nachfrage so groß, dass ganze Tage ausverkauft sind. Bevor es ins eigentliche Museum geht, gibt es eine Einweisung und eine Runde Gummitiere zur Stärkung.

Dann geht’s los:
Langsam und hintereinander tasten sich die Kreativen ins Vergnügen vor. Erst einmal herrscht Berührungsangst, weil man so etwas nicht kennt. Das ändert sich aber schnell. „In den Räumen fühlen sich dann alle wieder wie Kinder“, erklärt eine Mitarbeiterin.
Den Einstieg bildet ein Raum bestehend aus Luftballon-Wänden. Ein bisschen Fashion-Show, ein bisschen Kindergeburtstag. Von hinter der Kamera kommen Anweisungen: „Jetzt den Ballon einmal hochwerfen.“ Und dann wieder Selfies. Manches Accessoire offenbart spannende Perspektiven. In der Spiegel-Sonnenbrille einer Besucherin wirken die pinken Ballons besonders interessant. So bekommen die zahlreichen Besucher trotz gleicher Kulissen völlig unterschiedliche Fotos.
Auch im angrenzenden schwarzen Bällebad wird fleißig geknipst – mit Riesen-Lakritzschnecken im Hintergrund. Einen Raum weiter, kämpft eine Besucherin mit einem aufblasbaren Riesenlolli und konzentriert sich gleichzeitig darauf, auf ihren Fotos gut auszusehen.
Hinter dem Flamingo im pinken Bällebad geht es in einen Raum, wo begeisterte Kinder die Ausmalbilder an den Wänden und auf dem Fußboden vervollständigen. Von hier aus kommt der Besucher in einen simulierten Flugzeuginnenraum mit vier bequemen knallpinken Sitzen. Ein Hobby-Model hängt kopfüber im Leo-Outfit über der Rückenlehne. Ihre Freundinnen helfen dabei, die beste Pose zu finden und sie anschließend wieder aus ihrer Situation zu befreien.
Weiter geht es zu den goldenen Haribo Riesenglitzergummibärchen. Eine Mutter ordnet ihre Kinder: „Stellt euch mal alle vor die großen Gummibärchen“. Auch die Haribo-Candybar ist natürlich als Fotokulisse optimiert – und darf geplündert werden.
Im Instax-Bereich macht eine Mitarbeiterin die Fotos. Es stehen Kulissen-Boxen in verschiedenen Farben und mit verschiedenen Hintergründen zur Auswahl.
Die übrigen Wände sind mit den trendigen Mini-Sofortbildern gepflastert.
Dahinter öffnet sich der Weg zu den Umkleiden, noch mehr Flamingos, bunten Teppichen und einer XXL-Konfettibox, in der zwei junge Männer sich begeistert im Handstand fotografieren lassen. Die pinken Konfetti-Schnipsel tragen sie noch eine Weile auf ihren Pullovern mit sich rum. Die Frauen im Museum wechseln lieber zwischendurch die Outfits, einige haben verschiedene High Heels eingepackt.
Nicht nur die Kleidung, auch das mitgebrachte Equipment wurde oft akribisch vorbereitet. Stativ, Selfie-Stick – oder einfach nur genug Freunde mit dabei, um schöne Fotos hinzubekommen. Die Erbauer des Museums haben bereits für das optimale Licht gesorgt.
Der Wiederbesuch ist nicht ausgeschlossen. „Wenn mir das heute gefällt, gönne ich mir noch mal einen Besuch mit einem professionellen Fotografen“, versichert eine Besucherin.
Kulissen bietet das pinke Museum reichlich. Sämtliche Influencer waren schon hier und haben so auf Instagram fleißig Werbung für den speziellen Ort gemacht. Der ein oder andere Besucher würde die Bilder gerne auch für andere Angelegenheiten nutzen. Nur nicht für Bewerbungen außerhalb der Kreativbranche. Das traut sich (noch) niemand. Warum eigentlich nicht?
Einzelhändler, Restaurant- und Hotel-Betreiber und alle anderen, deren Geschäftsmodell ein bisschen mehr visuelle Aufmerksamkeit gebrauchen könnte, dürfen sich schon heute inspirieren lassen. Denn eine Kulisse Social Media tauglich zu machen, ist gar nicht so schwer.
Ein Blick auf das Supercandy Instagram Profil lohnt sich: @supercandymuseum
Autorin dieses Beitrags: Carolin Desirée Töpfer, Gründerin & CEO/ CTO Cyttraction